Stelzenhaus

Foto: Archiv RRO-FAR-1-07-034 RE
Das Stelzenhaus an der Ecke von Reichenberger Straße und Beerfurther Straße war ein markantes Gebäude, das auf zahlreichen Fotografien und Postkarten der 1950er- und 1960er-Jahre zu sehen ist. Es hatte gegenüber der einfachen Fachwerkstruktur eine besondere Bauausführung des Dachgeschosses. Die Giebelhaube des Dachgeschosses wurde zur Beerfurther Straße hin im rechten Winkel deutlich überbaut und im unteren Bereich auf Holzständer gesetzt. So entstand ein offener Unterstand, unter dem Wagen und Fuhrwerke geparkt werden konnten. Die Ständer des Unterbaus wurden auf Sandsteinsockel gestellt. Der aufgesetzte Hausteil des Dachgiebels ist mit Kopfwinkelhölzern verstrebt worden, um die Stabilität sicher zu stellen. Durch die hohen Streben wurde das Gebäude als „Stelzenhaus” bezeichnet.

hauses befindet sich heute der
Moses-Brunnen (hier im Osterschmuck)
mit der Märchenfigur „Bär”.
Foto: Wolfgang A. W. Kalberlah, 2024
Mehrere Generationen der jüdischen Familie Meyer lebten in dem Haus aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Von ihnen wohnte zuletzt die Familie von Moses Meyer (* 1876, † 1943 Theresienstadt) hier. Seine Frau Jettchen (* 1878, † 1964), geb. Löwenstein, wanderte mit den Söhnen Hugo (* 1907, † 1960) und Heinz (Hank, * 1932) im Jahr 1938 nach New York aus. Tochter Alice (* 1914, † 1943 Auschwitz) blieb beim Vater und Sohn Ludwig (Lutz, * 1920, † 1985 New York) überlebte das Konzentrationslager Dachau.
Das Stelzenhaus wurde bis in die 1960er-Jahre bewohnt und 1964 abgerissen. An seiner Stelle entstand ein freier Platz mit einem Brunnen (dem Moses-Brunnen), Sitzgelegenheiten und der Märchenfigur „Bär”, die 2023 im Rahmen des Märchenfigurenweges aufgestellt wurde.

Foto: Wolfgang A. W. Kalberlah, 2024
Heinz Meyer brachte 1995 beim Besuch ehemaliger jüdischer Einwohner in Reichelsheim eine Gedenktafel für seine Familie mit, die neben dem Moses-Brunnen an der Mauer des ehemaligen Stelzenhauses zu sehen ist.
Verantwortlicher Autor:
[Lode, Gerd]