Lexikon Reichelsheim (Odenwald)

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  Pfade - Das Heistepfädchen

Wer rasch zu Fuß durch die Gemeinde kommen möchte und sich ein wenig auskennt, nutzt die zahlreichen Pfade, die zwischen den Häusern oder zwischen Gärten mehr oder minder breite Verbindungen schaffen. Die meisten von ihnen tragen im Volksmund einen Namen. Mit einigen sind sagenumwobene Erinnerungen verbunden, während andere ganz real sind und nach wie vor gerne genutzt werden. Zu letzteren gehört das Heistepfädchen, das die Darmstädter Straße (zwischen den Häusern Nummer 42/44 und 46) mit dem Kinderspielplatz am Hofweg verbindet.

Heistepfad 1 k
Das Heistepfädchen mit
Blick zum Hofweg
Foto: Wolfgang A. W. Kalberlah,
2023

Der Pfad trägt seinen Namen nach dem Bürgermeister Philipp Heist (im Amt von 1925 bis 1931), der den Pfad nutzte, um von seiner Wohnung in der Darmstädter Straße 32 in sein Büro im „Faselstall“ (Beerfurther Straße 27) zu kommen.

Heistepfad 2 k
Das Heistepfädchen mit dem
Hofweg im Hintergrund,
als der Mergbach noch auf der
nördlichen Talseite floss.
Foto: Wolfgang A. W. Kalberlah, 1975

Aus den überlieferten Akten geht hervor, dass der Pfad vom Verkehrs- und Verschönerungsverein am 27.06.1929 in einem Schreiben an die Gemeindeverwaltung empfohlen wurde, nachdem in Reichelsheim bereits zuvor darüber diskutiert worden war. Er wurde dann bis Ende 1930 unter großem Zeitdruck realisiert; wobei die Gemeinde den Eigentümern (Philipp Dingeldein II., Heinrich Trautmann V., Michael Trautmann IV., evangelische Kirchengemeinde, Georg Seeger) das notwendige Gelände für 1,20 RM pro Quadratmeter abkaufte unter Androhung der Enteignung bei Verweigerung. Die Kirche stimmte dem Verkauf unter Vorbehalt bis 1932 nicht zu und wies darauf hin, dass eine Enteignung rechtlich in diesem Fall nicht möglich sei. Wie dieser Streit letztendlich ausging, verschweigen die Akten, aber offensichtlich konnte man sich irgendwie einigen.

Von der Gemeinde wurde der Pfad als Fußweg deklariert, der nur für kleine Handwagen zugelassen wurde, nicht aber für Fahrräder, Kraftfahrzeuge und bespannte Fuhrwerke. Er hatte eine geplante Breite von 1,5 m.

Damals verlief der Mergbach noch am Rande des Hofwegs und dort, wo er sich heute seinen Weg sucht, existierte lediglich ein kleiner Wassergraben, der mit einer Betonplatte überbrückt wurde. Immer dann, wenn die Schneeschmelze im Frühjahr einsetzte, trat der Mergbach über seine Ufer, das Wasser lief in die Talmitte und überflutete nicht nur den kleinen Graben, sondern weite Teile des Heistepfädchens, das dann für eine rasche Verbindung von „hüb de Bach“ nach „drüb de Bach“ nicht benutzt werden konnte. Heute hat sich dies geändert und viele Einheimische und Besucher nutzen diesen herrlichen Weg durch die kühlende Aue mit Blick auf Schloss Reichenberg.

 

Literatur:
Gemeindearchiv Reichelsheim XXVI K4 F35

 

 Verantwortlicher Autor:
[Kalberlah, Wolfgang A. W.]