Lexikon Reichelsheim (Odenwald)

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  Bangerts-Metzger

Stammvater der Familie Bangert war Johann Adam Bangert (* 20.12.1708, † 23.03.1773) Land­gerichts­schöffe zu Reichelsheim. Er heiratete am 11.06.1733 Magdalena Dingeldein (* 25.03.1714,  31.10.1763). Ihr sechstes Kind, Johannes Bangert (* 17.11.1747,  31.07.1798), bewirtschaftete als Bangerts-Bauer den noch heute so benannten Hof der Eltern. Da in folgenden Generationen meist Töchter den Hof übernahmen, ging der Name Bangert hier verloren. Die Anschrift lautet heute Bismarckstraße 47.

Ihr neuntes Kind, der Ortsbürger und Ackersmann Johann Michael Bangert (* 18.01.1754,  28.11.1827), heiratete am 24.05.1787 Anna Catharina Arras (* 12.01.1760,  18.03.1825). Sie lebten in dem heute unter der Anschrift Bismarckstraße 44 noch so erhaltenen Haus.

Bangerts Metzger k 1
Das Ladengeschäft der
Metzgerei befand sich
ursprünglich im Erdge-
schoss rechts;
Aufnahme von 1910.
Foto: Archiv Ursula Treusch

Johann Jakob Bangert (* 16.05.1801,  02.03.1864), das jüngste Kind, wurde Metzger­meister und gründete im August 1826 im Hause seiner Eltern eine Schlachterei mit Ladengeschäft und war fortan in erster Generation der Bangerts-Metzger. Der auch auf ihn zurück­gehende Name Jakobs-Metzger war bis Mitte des 20. Jahr­hunderts gebräuchlich. Der Umbau des Geschäfts im Jahr 1836 zu 88 Gulden und 3 Kreuzer ist im Tagebuch des Zimmermanns Fröhlich mit Grundrisszeichnung belegt. Johann Jakob Bangert heiratete am 23.11.1826 Anna Margaretha Hörr aus Eberbach (* 11.11.1803,  27.09.1857). Der am 22.09.1823 in Eberbach noch vor der Hochzeit geborene Johann Peter Bangert übernahm als Metzgermeister in zweiter Generation das Geschäft vom Vater. Am 04.09.1859 heiratete er Anna Margaretha Kling (* 28.07.1839,  16.05.1905). Er verstarb am 29.04.1888.

Johannes Bangert (* 03.01.1865,  21.09.1933) wurde als Metzger­meister in dritter Generation Nachfolger seines Vaters. Er heiratete am 27.06.1869 Katharina Krichbaum aus Eberbach (* 07.03.1864,  14.12.1926). Sohn Philipp Bangert sollte als Metzger das Geschäft übernehmen, verstarb aber 1919 mit 28 Jahren. Sein Bruder Adam Bangert (* 07.11.1896,  22.05.1965) war Kaufmann in Mannheim. Zum Erhalt der Familienmetzgerei gab er Beruf und Leben in Mannheim auf, kehrte nach Hause zurück, wurde Metzgermeister und übernahm nun in vierter Generation das Geschäft. Er heiratete am 23.08.1927 die benachbarte Bäckerstochter Elisabeth Catharina Hartmann (* 22.12.1903,  10.11.1966). Da die Ehe der beiden kinderlos blieb, wurde sein Neffe Adam Gerlach, der zweite Sohn seiner Schwester, sein Nachfolger.

Adam Gerlach wurde am 10.05.1930 in Nauheim bei Groß-Gerau als Sohn von Katharina Gerlach, geb. Bangert (* 23.01.1904,  06.12.1987) und dem Bahnbeamten Jakob Joseph Gerlach (* 10.10.1899,  06.08.1980) geboren. Nach Kindergarten und Grundschule in Nauheim besuchte Adam Gerlach das Gymnasium in Mainz, er wollte Realschullehrer werden. Als infolge des Zweiten Weltkriegs die Brücke nach Mainz zerstört war, wurde er zum Patenonkel Adam Bangert in den Odenwald geschickt. Bei diesem begann auch er eine Metzgerlehre und trat in die Fußstapfen seiner Ahnen. Als Geselle hat sich Adam Gerlach in Oberursel und in Aschaffenburg weitergebildet.

Bangerts Metzger k 3
Später wurde das Ladengeschäft wieder
nach oben verlegt; Aufnahme von 1965.
Foto: Archiv Ursula Treusch

Am 20.04.1955 heiratete Metzgermeister Adam Gerlach die Darmstädter Metzgers­tochter und Fleischer­fach­verkäuferin Lotte Gräber (* 08.01.1934). Sie übernahmen 1957 die Familienmetzgerei in fünfter Generation und konnten 1976 das 150-jährige Geschäfts­jubiläum begehen. Adam Gerlach verstarb am 17.01.2019, seine Frau Lotte am 27.08.2018.

Jede Generation des Bangerts-Metzgers hat das Handwerk den veränderten Bedingungen und Anforderungen angepasst und den Betrieb stetig erweitert. Zunächst befand sich der Metzgerladen im Erdgeschoss rechts. 1894 wurde ein Schlachthaus mit Kamin­rauch angebaut. 1905 wurde ein Treppenhaus angebaut und Wurstküche und Verkaufsraum in das Keller­geschoss verlegt. 1964/1965 hat Adam Gerlach das Laden­geschäft wieder in das Erdgeschoss verlegt und im Kellergeschoss Platz für die Fleisch- und Wurst­verarbeitung geschaffen. Im Jahr 1994 hat Adam Gerlach das unter Denkmalschutz stehende Fachwerkhaus wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt.

Aufgrund seiner Lebenserfahrungen hat Adam Gerlach seinen Töchtern, Beate Scherneck und Ursula Treusch, eine gute Schul- und Berufsausbildung ermöglicht. Ihm war stets bewusst, dass er der letzte Bangerts-Metzger sein würde. Als Ende der 1980er Jahre größere Investitionen anstanden, die für ihn mit 60 Jahren aus gesundheitlichen Gründen und ohne Nachfolger keinen Sinn mehr machten, endete die Ära Bangerts-Metzger am 31.12.1989.

 

Verantwortliche Autorin:
[Treusch, Ursula]