Gerichtswesen
Da Reichelsheim eine fränkische Siedlungsgründung ist, wurde damals auch das Gerichtswesen der Franken hier eingeführt. Das Gericht tagte im Freien. Der Partannenberg ist als Versammlungs- und Gerichtsplatz bekannt, später dann der Marktplatz an der Kirche. Ab 1554 war das Zent- und Rathaus Ort des Zentgerichts. Je nach Bedarf tagte das Gericht in unregelmäßigen zeitlichen Abständen unter dem Vorsitz des Zentgerichtsgrafen. Die Zentschöffen wurden auf Lebenszeit bestimmt, jeweils aus jedem zur Zent gehörenden Ort einer.

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Später gehörten die Orte unter den Erbacher Grafen zum Amt Reichenberg. Im Gemeindearchiv wird das Reichelsheimer Gerichtsbuch mit den Gerichtsprotokollen verwahrt, das von 1691 bis zur Auflösung der Grafschaft Erbach im Jahr 1806 geführt wurde. Den Vorsitz des Gerichts hatte ab dem 17. Jahrhundert der jeweilige Amtmann des Grafen auf Schloss Reichenberg.

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Graf Georg Albrecht, der zu Beginn des 18. Jahrhunderts in dem Schloss mehr Platz für seine Familie und das Gesinde benötigte, veranlasste in der Bismarckstraße 46/48 den Bau eines Amtshauses, in dem der Amtmann ab 1717 seinen Sitz nahm. Das Gebäude hatte seine Funktion bis 1822, zuletzt als Gerichts- und Verwaltungssitz der erbachischen-großherzoglichen Verwaltung für das Amt Reichenberg.
Das Zentgericht tagte zum letzten Mal am 24.12.1812 in der offenen Markthalle des Zent- und Rathauses, als der Mühlknecht Götz aus Nieder-Kainsbach zum Tod verurteilt wurde. Scharfrichter Nord aus Michelstadt vollstreckte noch am selben Tag das Urteil auf dem Richtplatz an den Breitwiesen hinter der heutigen Heidelberger Straße.
Von 1822 an gehörte Reichelsheim zum Landgericht Michelstadt, ab 1850 bis 1903 zum Landgericht Fürth und ab 1904 hatte Reichelsheim ein eigenes Amtsgericht, das bis 1968 bestand. Seit dem 01.01.1969 ist das Amtsgericht Michelstadt für Reichelsheim zuständig.
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[Lode, Gerd]