Brauerei Heil
In der Heidelberger Straße 70 bis 74 befinden sich die Gebäude der ehemaligen Brauerei Heil. Das eigentliche Brauhaus, ein heute dem Verfall preisgegebenes Backsteingebäude, hat eine interessante Geschichte aufzuweisen.
Anfänge in der Bismarckstraße

Bierbrauer Jacob Heil (* 06.11.1845 Darmstadt, † 16.07.1894 Reichelsheim) aus Habitzheim heiratete 1866 Elisabethe Treusch (* 07.04.1845 Reichelsheim, † 03.03.1886 Reichelsheim). Ihr Vater betrieb das Gasthaus „Zum Adler“ in der heutigen Bismarckstraße 26. Jacob Heil begann, sein Gewerbe in einem Nebengebäude des Anwesens seines Schwiegervaters auszuüben. 1868 übernahm er auch von diesem das Gasthaus. Das Nebengebäude (Bismarckstraße 24, heute Polizeistation) diente ihm als Bierhalle, in der er seine Gäste bewirtete. Seine Kinder Jakob Konrad (* 24.09.1867, † 04.03.1904) und Heinrich (* 10.02.1875, † 01.12.1944) traten in die Fußstapfen ihres Vaters.
Brauerei in der Heidelberger Straße

Archiv RRO
Nach dem Tod ihres Vaters übernahmen die Söhne den Brauereibetrieb. Braumeister war der Wirt des nahe gelegenen Gasthauses „Zur Quelle“ (Heidelberger Straße 66). Heinrich Heil betrieb zugleich auch das Gasthaus „Zum Adler“. Ab 1904 war Heinrich Heil alleiniger Brauereinhaber. Aufgrund eines Brandes musste er das Haupthaus der Brauerei 1906 sanieren und baulich veränderen. Offensichtlich stagnierte der Absatz während des Ersten Weltkriegs und in den Jahren der Inflation, sodass er den Braubetrieb um 1923 aufgab und die Einrichtung der Brauerei nach Afrika verkaufte. Nachdem er sein Gewerbe am 31. März 1924 niedergelegt hatte, meldete er unter dem Namen „Gebrüder Heil“ am 1. April 1924 eine Apfelweinkelterei und Obstverwertung an, die wahrscheinlich schon vorher betrieben wurde und bereits am 1. Juli 1925 ihr Ende fand. Von diesem Zeitpunkt an widmete sich das Unternehmen nur noch dem Biervertrieb. Zu der Brauerei und zum späteren Bierverlag gehörte ein nahe gelegener See (im Volksmund „Heile See“ genannt), aus dem im Winter Eis geschnitten und in die tiefen Keller der Brauerei geschafft wurde. Die Gewölbe begannen direkt unter der Fabrik und waren bis weit in den gewachsenen Fels des angrenzenden Steinbickels getrieben worden. Dadurch blieben sie während des ganzen Jahres gleichmäßig feucht und kühl; ideale Bedingungen, um das Eis dort monatelang lagern und das Bier kühlen zu können. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs verkaufte Heinrich Heil die Brauereigebäude und die Villa, in der er mit seiner Frau wohnen blieb.

Foto: Wolfgang A. W. Kalberlah
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, im März 1945, dienten die Kellergewölbe als Versteck vor den herannahenden amerikanischen Soldaten. Wegen ihrer Lage tief im Boden waren sie auch als Luftschutzräume vorzüglich geeignet.

Postkarte: Glockner, Neckargemünd
Vor und nach dem Krieg war im Brauereigebäude die Stahlwarenfabrik „Märkische Rohrwalzerei und -zieherei“ untergebracht, wo am Schluss Schirmständer, Campingtische, Huthaken, Garderobenstangen entstanden. 1960 erwarb die Frankfurter Firma Wilhelm Schleenbecker die Gebäude und stellte darin Heizölzusätze her. Seit sie 1980 die Produktion aufgab, stehen die Gebäude (heute in Privatbesitz) leer. Die Villa diente seit der 1960er-Jahre zwanzig Jahre lang unter dem Namen „Berghof“ zeitweise als Pension und Gaststätte mit Kegelbahn. Danach richtete sich im Erdgeschoss die Heizungs- und Sanitärfirma Schuhmann mit Spenglerei ein.
Verantwortlicher Autor:
[Kalberlah, Wolfgang A. W.]